In der April-Ausgabe '23 des TOURENFAHRERs:
Türkei / Südostanatolien:
»Küçük Prens«
Reisebegleiter sollte man sich bekanntlich immer gut aussuchen. Aber wenn dann ein kleiner Prinz am Straßenrand steht und einfach in den Tankrucksack hüpft, ist Widerstand meist
zwecklos.
Im dritten Teil ihrer »Turkish Travels 2.0« reisen Michaela & Udo Staleker (Text & Fotos) vom Mittelmeer nach Südostanatolien und fangen osmanisch-orientalische Impressionen
ein.
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Wasser. Unglaubliche Mengen Wasser. Schon vom Parkplatz aus ist das Tosen des aufschäumenden Wasserfalls »Büyük Șelale« zu hören. Bereits früh am Morgen haben wir das quirlige
Manavgat im Rückspiegel versenkt und sind hinaus an den Flusslauf des »Manavgat Çayı« gefahren. Und »Bingo« – wir stehen fast allein an dem Geländer der Besucherplattform, tauchen hinein in die
aufschäumende Gischt der Wassermassen. Greifbar nah, mit donnerndem Getöse schiebt der Fluss megabreit alles Richtung Meer, was er auf seinem Weg durch das Taurus-Gebirge an Zuläufen einsammeln
konnte. Eine Steilvorlage für die Wasserkrafttechniker des »Südostanatolien-Projekts« (türkisch GAP), die zwischen 1977 und 1984 ein paar Flusskilometer oberhalb der Fälle die Oymapınar-Talsperre
und den gigantischen Manavgat-Stausee anlegten. Anschließend darf der Fluss wieder mäandern, stürzt spektakulär über meterhohe Felskanten hinweg und entleert sich schließlich in den Golf von
Antalya.
»Turkish Travels«, 3. Teil: Opening Scene. Ein langsamer Weitwinkelschwenk über Uferplatanen im sprudelnden Flusswasser. Dann dicht herangezoomt an der schneeweißen Abbruchkante der Fälle entlang und schließlich hinab in einen reißenden Auslauf mit einer so heftig überspülten Terrasse, dass Mutige die Flussforellen aus der Luft grabschen könnten. »Wahnsinn, oder?!«
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Zurück bei den Motorrädern. »Hey, was macht der kleine Kerl da auf meinem Tankrucksack?« Ein blonder Wuschelkopf, grüner Hosenanzug mit rotem Taillengürtel und alberner Fliege.
»Gestatten: Küçük Prens!« – »Kleiner wer?« Mein fließendes Türkisch hat ab dem zweiten Wort meist noch Luft nach oben. »Der kleine Prinz«, dolmetscht meine Frau und zwinkert mir zu. »Stand an der
letzten Tanke in Antalya neben der Zapfsäule und hielt den rechten Daumen hoch. Er will in den Orient und da dachte ich …« Der Wuschelkopf bläst die Backen auf: »Ich habe mich verlaufen und suche
meine Heimat, den Asteroiden B 612. Auf dem kann ich die Sonne aufgehen sehen und wenn ich meinen Sessel ein paar Schritte weiterrücke, erlebe ich die Dämmerung. So oft ich will. Er wurde von
einem türkischen Astronomen entdeckt und den muss ich finden!«
Will der kleine Kerl mich auf den Arm nehmen? Ein heimatloser Anhalter, der von einem Planeten kommt, der kaum größer ist als er selbst? »Er sucht Freunde«, zwinkert Michaela ein zweites Mal,
»Freunde, die das Leben verstehen. Suchen wir die nicht auch? Daheim bei uns und hier in der Türkei?!« Gewonnen! »Also rein in den Tankrucksack, mein Prens, und ab in den Orient.
Hiermit ernenne ich dich zum Regieassistenten. Schau’n wir mal, was du so drauf hast ...(...)
In der März-Ausgabe '23 des TOURENFAHRERs:
Frankreich / Camargue:
»Noch einmal Blau«
Jeder Sommer geht einmal zu Ende. Doch wenn es hierzulande bereits wieder dunkel und kalt wird, macht Gott in Frankreich noch einmal Blau. Michaela & Udo Staleker (Text & Fotos)
sind seiner Einladung gefolgt und haben AdBlue in der Camargue und an der Côte Bleue getankt.
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Vor dem Küchenfenster rüttelt ein kalter Wind die ersten Blätter von den Bäumen und der Spätsommer bekennt: Alles gegeben! Höchste Zeit, das Blaue zu suchen. Michaela mixt
Medizin, plottet eine Route in die Camargue und an die Côte Bleue unserer Nachbarnation, die schon in ihrer Flagge ein kräftiges Blau verspricht. Anlasser drücken, das Fauchen der Kati und das
Singen der Stollen auf dem Asphalt unterm Helm. Seelenbalsam für Motorradfahrer. TomTom erzählt was von knapp tausend Kilometern, die A7 trägt den hoffnungsfrohen Zusatz »Autoroute du soleil« und
ab Lyon schminkt sich der Himmel tatsächlich mit ersten blauen Tupfern. Herzklopfen. Jedes Mal von Neuem, seit ich mit achtzehn das erste Mal im Sattel einer 250er Honda die Platanenallee von
Montélimar entlangrollte und den Mund nicht mehr zubekam. Bunte Häuser, Läden, Boutiquen und Restaurants. Dunkle Sonnenbrillen, Hand in Hand schlendernde Paare, eine schlanke Madeleine im Café,
die sich bei einem „P’tit noir“ den Lidschatten nachzieht. »Vraiment magnifique, ma chère – und niemand hat’s gesehen! »La vie française«. Gott ist nicht zu Unrecht Franzose und Michaelas POIs
auf der 150.000er Michelin im Tankrucksack lesen sich wie Checkpoints vor der Himmelspforte. Tief durchatmen und eintauchen. Fast vergessen: Menschen können nett sein, lächeln und scherzen.
»Bisou, monsieur. Merci, madame.« Uns kann es doch eigentlich nicht besser gehen…
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Ein Kratzen in der Helmsprechanlage reißt mich aus meinen Gedanken. »Morgens bei Aigues-Mortes über toten Wassern fliegen. Der langen Brandung an den Stränden von Espiguette
lauschen und mit nackten Füßen im Sand wühlen. Die heiligen Marias in Saintes Maries-de-la-Mer besuchen und in Arles an einem Camargue-Stierkampf teilnehmen. Ich hab’ uns übrigens angemeldet!«
Entsetzte Blicke in den Rückspiegel. Meint sie das etwa ernst? »Michaela, ich darf dich daran erinnern, dass ich bereits das Pensionsalter gerissen habe.« – »Pas de problème, mon cher! Und
wenn du dann erst noch die schwarzen Stiere in der Arena bei den Hörnern gepackt hast, bist du gänzlich runderneuert und fit für die nächsten zehn TF-Jahre.« Mahlzeit. Mein inneres Bremspedal hat
plötzlich Bodenkontakt und »Dieu merci«, als meine Chefpilotin am Tour Carbonnière unverhofft den Blinker setzt. »Du darfst jetzt erstmal fliegen! Ein kleiner Vorgeschmack auf die kommenden Tage,
wirst gleich sehen. Pack das Ding schon mal aus!«
(...)
In der Dezember-Ausgabe '22 des TOURENFAHRERs:
Türkei / Türkische Ägäis und Mittelmeerküste:
»Turkish Travels 2.0«
- Teil 2: Touren, Träume & Theater -
Wenn der Frühling im südlichen Abschnitt der türkischen Ägäis und an der Mittelmeerküste Lykiens zum Leben erwacht, beginnen Filmemacher zu schwärmen.
Im zweiten Teil ihrer »Turkish Travels 2.0« touren Michaela & Udo Staleker (Text & Fotos) durch eine grüne Türkei und erleben bunte Träume zwischen Gegenwart und Geschichte.
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Vom antiken Milet zur Halbinsel Reşadiye
Der Frühling ist angekommen. Die langen Schatten einer warmen Nachmittagssonne auf den Ruinen des antiken Milet sind wie eine wohlige Vorahnung, tauchen das Schwemmland des »Balat Ovası« in ein
fast übertrieben wirkendes Kinemacolor. In der Luft hängt der Geruch von Frühblühern, vorwitzigen Oleander- und Ginsterbüschen und endlich ist das Kameradisplay einmal restlos zufrieden. Der
kontrastlose Küstendunst und das filmfeindlich fahle Oberlicht vergangener Tage haben sich weit aufs Meer zurückgezogen und mit dem endlosen, fast noch menschenleeren Strand von Altınkum kriecht
in der Bucht von Akbük zum ersten Mal ein verstohlenes »Urlaubsgefühl« unter die Endurojacken.
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Doch heute haben wir Besseres vor. Das Bergland des »İlbir Dağı» breitet sich ab Kazıklı vor dem Vorderrad aus. Rau, staubig, verführerisch entvölkert und so genießen wir auf dem Ritt nach
Kızılağaç einen Filmset aus Olivenhainen und holprigen Tracks, das Winken freundlicher Bauern auf rostigen Traktoren und das Abwinken stoischer Esel, die uns erst ab dem zweiten Pausenapfel eines
Blickes würdigen. Mein dahingeseufztes »Ist ja fast wie früher« zieht unmittelbar den Unmut der jüngeren CRF-Generation auf sich und der Kopfhörer kontert: »Werd’ jetzt ja nicht sentimental, mein
Alter!«
Die letzten paar Kilometer zu meinem Traumziel »Euromos«. Gleich stehen wir vor dem für mich schönsten und ehrwürdigsten römisch-türkischen Zeustempel Kariens. Unberührt vom Tourismus und selbst
unter Archäologie-Fans noch ein Geheimtipp hinter vorgehaltener Ha… . »Hör mal, wenn ich meiner verstaubten Crossbrille noch trauen kann, dann ist das dort drüben ein megagroßer Parkplatz. Hui,
und ein frisch gestrichenes Kassenhäuschen mit Schranke vor dem Tempelweg.« Michaela hätte Zahnarzthelferin werden sollen. Doch der Wärter versteht mein Anliegen, staunt anerkennend über meine
2015er Euromos-Fotos und willigt gnädig ein, als ich ihm mit einem 20 TL-Schein überrede, die Schranke doch ein klein wenig … (...)
In der November-Ausgabe '22 des TOURENFAHRERs:
Türkei / Türkische Ägäisküste:
»Turkish Travels 2.0«
- Teil 1: Türkisch Kültür -
Lassen sich Erinnerungen wiederbeleben? Filme noch einmal drehen? Als Remake an Originalschauplätzen? Oder wird die innere Festplatte dabei überschrieben, gar gelöscht?
Michaela & Udo Staleker haben lange gezögert und den Çay still am Küchentisch getrunken. Doch mit dem Schnee des Winters schmolzen alle Bedenken. „Turkish Travels 2.0“ – ein Frühjahr in der
Türkei.
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»Your bike can stay in Turkey for ninety days.« Der Grenzpolizist am Übergang İpsala erinnert stark an den Istanbuler Kommissar Mehmet Özakin, alias Erol Sander, lächelt aber doppelt so charmant.
Für Michaela offensichtlich umwerfend, schlüpft sie doch völlig übergangslos in die Rolle von Mehmets leicht verschusseltem Partner Mustafa Tombul, nimmt Anlauf für ein gestammeltes »Teşekkürler«
und hätte fast den schicken Shoei zu Boden geworfen.
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»Eh, träum nicht! Dein Mopped steht grottenbreit in der Abfertigungsspur!« Kurz vor Hupkonzert rollen die Enduros aus der Grenzstation, tauchen unter dem »TÜRKIYE’YE
HOŞGELDINIZ«-Willkommensschild hindurch und erobern die moderne Türkei. Wo sind die Schlaglöcher auf dem Weg nach Keşan? Und die Straßenhändler? Erleichterung in Gelibolu (griechisch Gallipoli).
Erdoğans Straßenbauer haben »meine« Türkei noch nicht völlig platt gemacht. Verkehrsgedrängel und Gehupe, gestikulierende Händler und Ticketverkäufer am Fährhafen. Und über allem das entschlossen
dreinblickende Konterfei von Mustafa Kemal Atatürk, auf flatterndem Tuch am mittelalterlichen Wehrturm.
Man feiert den »Tag der nationalen Souveränität«. Und einen besonderen Umgang mit Geschichte in der Türkei, wo man anders gedenkt als daheim. Meist mit erhobenem Haupt, begleitet von
militärischem Pomp und der Demonstration von Stärke und Macht. Die Trillerpfeife des Wachsoldaten an der Freitreppe vor dem blumengeschmückten Denkmal für den Staatsgründer möchte nicht lange
über den Einsatz meiner Kamera diskutieren.
In der August-Ausgabe '22 des TOURENFAHRERs:
Griechenland / Peloponnes:
»Daumensprung«
- Pelops' wilde Hand, Teil 2 -
Die Argolis liegt abseits der touristischen Reiserouten auf der griechischen Halbinsel Peloponnes.
Dabei gibt es auf dem Daumen von Pelops’
Hand wirklich alles, was Griechenland liebenswert
macht.
Michaela & Udo Staleker (Text &
Fotos) haben zum Daumensprung angesetzt.
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Kalimera, Freunde! Ich bin dann mal weg. Nix für ungut, war schön mit Euch! Muss dringend heim nach Achaia, meinen Streitwagen richten. Heut' Nacht kam eine Mail aus dem Olymp, direkt von Zeus.
Seine Geliebte Europa macht sich ernsthafte Sorgen um ihren Osten. Sie liegt dem Alten täglich in den Ohren, und das verhagelt ihm
die Stimmung in seinem Liebesnest auf Kreta. Der Herrscher an der Wolga macht einen auf dicke Hose und droht seinen Brüdern aus dem Nachbarland Rus. Und
ICH soll jetzt den Kerl zur Vernunft bringen. Ein Himmelfahrtskommando! Der hat ja nicht mehr alle Speichen am Kampfwagen.
Aber sei’s drum … Schaut, dass Ihr Euch da raushaltet! Einen Daumensprung weiter erwartet Euch eine friedlichere Welt. Gute Reise! Pelops.
Ein Zettel auf dem Terrassentisch der Burg Rizaraki in Kokkala, flüchtig hingekrakelt – und Pelops ist fort! Gerade hatte ich mich an seine Hand im Nacken so richtig
gewöhnt (siehe: Pelops’ wilde Hand, TF 5/2022).
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Der Tankwart kurz vor Gythio hat die Sorgenfalten noch auf der Stirn. »Yes, the fires came down to the road. They almost touched my petrol station!«
Direkt gegenüber den Zapfsäulen verbreiten verkohlte
Berghänge noch immer die olfaktorische Botschaft eines Horror-August auf dem Peloponnes: kilometerlange Flammenfronten, immer wieder aufflackernde
Brände, evakuierte Dörfer und mehr als
vierzig Todesopfer.
Als wir eine halbe Stunde später im Fähr- und Fischer-hafen von Gythio anschlagen, ist es so, als habe Pelops per Remote den Kanal gewechselt. Im Zentrum
der Stadt herrscht mittägliches Gedrängel in den eng bestuhlten Fischlokalen und Straßencafés. Tintenfische schaukeln einladend auf einer Leine vor der Taverne
»90 Moires« (90 Grad) und todesmutige Kellner retten sich im Dreisprung vor jugendlichen Roller-Racern, die auf der ringförmigen »Petrompei Mavromichali« von Mal zu Mal bessere Rundenzeiten
erzielen. Wir setzen uns in den Windschatten neben dem Taxistand am Platz. Zwei Freddo Cappuccino – und tief Luft holen.
In der Mai-Ausgabe '22 des TOURENFAHRERs:
Griechenland / Peloponnes:
»Pelops' wilde Hand«
Der Peloponnes ist Griechenlands größte Halbinsel. Und obwohl vielbesucht und beliebt bei Touristen, gibt es doch Reiserouten, die verlangen einen einheimischen Tourguide.
Bei Michaela & Udo Staleker (Text & Fotos) hat der antike Wagenlenker Pelops auf dem Sozius Platz genommen. Was soll denn da noch schiefgehen?
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Poseidon macht heute einen auf dicke Backen. Hart und urplötzlich kommen die Böen, packen die Bikes, wollen sie von der Straße schubsen. Die Wellen im Golf von Korinth haben Schaumkronen aufgesetzt, prügeln gegen den schmalen Küstenstreifen, fluten auf dem Weg nach Nafpaktos die ufernahen Straßen. »Ich bin mal gespannt, ob die Brücke überhaupt offen ist.« Michaelas Stimme im Helmkopfhörer klang schon entspannter und ihr Fahrstil mit der kleinen CRF ist eine gewagte Choreografie aus Rodeo und Rock ’n’ Roll. Endlich tauchen die Tragseile der spektakulären Rio-Andirrio-Brücke formatfüllend vor meiner Crossbrille auf, nachdem uns die Brücke kilometerlang als dunstige Fata Morgana am Horizont über dem Golf begleitet hatte. Schmale zwei Euro Bike-Maut, und dann segeln die Enduros über zweieinhalb Brückenkilometer derart hart am Wind, dass wir bei der Kieler Woche mitmachen könnten. »Locker am Lenker,« beruhige ich meine Enduro-Elfe, »die Brücke verträgt Windgeschwindigkeiten bis zu 250 km/h!«
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Schnappatmung in den Kopfhörern. Ich überlege noch kurz, ob ich ihr verrate, dass die Brücke zuweilen auch »Schaukel von Patras« genannt wird, da sehen wir bereits linkerhand die Festung von Rio
und rollen wenig später auf schwankungsfreiem Straßenbelag nach Patras hinein.
Verkehrsgewühl, Baustellen, verstopfte Zufahrten zu den Fähren im Südhafen. Irgendwann sind wir durch, entern an der Ausfallstraße nach Kalavrita eine kleine
Cafeteria und tanken erstmal zuckersüß auf: Schokotörtchen und Mandelkekse. Dazu einen »Freddo« für Michaela und einen Becher »Nes« für mich, weil mir bei starkem Kaffee schon mal der
Motorradlenker aus der Hand flutscht. »Siga, siga«, man wird eben älter. Ein paar Kilometer später teilt sich die Landstraße, zieht an der Flanke des Erymanthos-Gebirges bergan und lässt in
Sekundenschnelle alles vergessen, was eine Großstadt so an Charmeattacken bereithält. Lang hingestreckt sonnt sich das 2200 Meter hohe Bergmassiv im warmen Licht der Nachmittagssonne. Der Belag
der Bergstraße ist wunderbar griffig, animiert mich zum Kurvenwalzer. Und plötzlich ist er da, der wilde Pelops. Liebling des Meergottes Poseidon und furchtloser Wagenlenker im Kampf mit
dem grausamen König Oinomaos. Weit öffnet er die Arme, lässt furchtlos seine geflügelten Rosse fliegen … »Hey, Agostini! Geht’s vielleicht noch schneller?“ Tatsächlich — keine Frau mehr im
Rückspiegel. Doch hinter mir hockt plötzlich jemand auf dem Sozius und ich spüre den Druck seiner Faust in meinem Nacken: »Pelops' wilde Hand«. Na, das kann ja heiter werden… (...)
In der März-Ausgabe '22 des TOURENFAHRERs:
Frankreich / Provence & Côte d'Azur:
»Noch einmal Licht«
Wenn der Winter vor der Tür steht und die Tage kürzer werden, locken in der Provence und an der Côte d'Azur noch Sonne und Licht.
Michaela & Udo Staleker (Text & Fotos) haben Glücksmomente getankt.
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Jetzt geht das schon wieder los! Eigentlich mag ich MoMa, aber derzeit gibt es nur noch eine Endlosschleife: »Inzidenzzahlen auf Rekordhoch«, »Krankenhäuser überlastet«, »Politik völlig
überrascht«, »Lauterbach bekommt eigene Talkshow«. Und das Allerschlimmste: Um fünf Uhr wird’s dunkel, wegen Nebel fällt das Wetter aus und der TF kommt nur einmal im Monat.
U-n-e-r-t-r-ä-g-l-i-c-h!
Michaela betont jeden Buchstaben wie beim Gangwechsel mit Zwischengas. Minuten später bollert der Motor ihrer CRF in der Garage. „Ich kauf’ noch ’n bisschen ein für unterwegs! In Südfrankreich
scheint die Sonne! Pack ein paar Klamotten ein und vergiss nicht die Kameras. Noch einmal Licht!«. Und weg ist die beste aller Selbstfahrerinnen.
Klappe, die erste: »L’arrivée à Saint-Rémy«
Saint-Rémy-de-Provence, tausend Kilometer später. Nachts hat es heftig geregnet. Monsieur Honoré zuckt bei unserem Blick auf tiefe Pfützen und verschlammte Wege entschuldigend mit den Achseln. Eh
bien, er verwaltet schließlich nur den Campingplatz »Le Parc de la Bastide« und nicht das Wetter. Immerhin gibt es Croissants und zwei »Pains au chocolat« in
seiner Rezeption und den Optimismus von Michaelas Wetter-App.
Wenig später finden unsere Bikes auf dem Weg nach Tarascon die D27 als Einstieg in den »Parc Naturel Regional des Alpilles«. Et voilà: Das Wetter wird. Am opalblauen Himmel über dem Naturpark
kreisen plötzlich Habichte, Mäusebussarde, sogar Schlangenadler. Die Maler der Provence haben ihre Leinwand und Pinsel gezückt. Blendend weiße Kalksteinfelsen, umrahmt vom dunklen Grün der
Pinien, betupft mit dem Blattgold vereinzelter Laubbäume. Ein wohltuendes Bild aus Farben und der funkelnden Verführung tanzender Sonnenstrahlen. Über all dem thront Les Baux-de-Provence, ein
mittelalterliches Ruinendorf mit den Resten eines mächtigen Châteaus. Einst uneinnehmbarer Sitz der Adligen von Les Baux, deren Herrschaft sich über 79 Orte des Umlands erstreckte. Im 12. und 13.
Jahrhundert gaben sich dann hier Troubadoure ein Stelldichein - zu einer Zeit, als Dichter und Hofsänger die Schönheit und den Charakter von Frauen euphorisch besangen.
Wir pausieren mit Blick auf Les Baux und ich beobachte mit zunehmender Sorge, wie sich die Gesichtszüge meiner Frau allmählich verklären. »Ja, genau DAS ist es, was wir Frauen heute vermissen,
weißt du?! So ein bisschen Selbstaufopferung bei euch Männern. Dieses feine platonische Spiel mit den Gefühlen einer Frau.« - »Hömma, wir wollten eigentlich noch in die ›Carrières de Lumières‹!«
Pardon, aber es gibt weibliche Gedankenspiele, da muss man einfach zwischendurch die Bremse ziehen. (...)
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In der Januar-Ausgabe '22 des TOURENFAHRER:
Kroatien / Istrien:
»Trüffelhunde«
Bei Trüffelsuchern steht Istrien hoch im Kurs. Die
schmackhaften Edelpilze bereichern sowohl die Küche als auch eine Reise quer durch Kroatiens grünes Herz.
Michaela und Udo Staleker (Text & Fotos) haben
Witterung aufgenommen.
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»Trüffelhunde? So’n Blödsinn!« Geradezu empört hebt meine Frau ihre Nase aus dem Tankrucksack, wo neben Kameras, Objektiven, Akkus und Speicherkarten auch Roadmaps und Reiseführer ihren Platz
finden müssen. »Trüffel, mein Lieber, werden von Schweinen gesucht, und zwar ausschließlich von weiblichen. Der Geruchssinn von euch Männern endet bekanntlich bei Benzin und Bier.“
Okay, es ist etwas später geworden gestern Abend, nach dem Besuch in der Kneipe meines Vertrauens. Und ja, die Motorräder sind noch nicht gepackt. „Hömma, Schatz, die Julijana hatte gekocht.
Spaghetti gab’s, mit Trüffelsoße! Weil ihre Familie doch aus Istrien stammt, unserem morgigen Reiseziel. Da wimmelt es in den Eichenwäldern um Buzet nur so von Trüffeln, sagt die Julijana. Und
dass ihre Eltern sie schon als Kind in den Wald geschickt haben, um schwarze Trüffel zu suchen. Die gibt’s auch in Weiß, sind aber viel, viel seltener. Stell’ dir vor, für weiße Trüffel bekommen
die istrischen Bauern so viel Kohle, dass sie ausgesorgt haben.« Wenn sich die Augen meiner Frau verengen, wird es gleich unangenehm. »Das tät’ dir g’fallen, oder? Ein paar Trüffel finden und den
Rest des Jahres über Motorrad fahren.«
Schmerzhafter Stich in meine Bikerseele. Jetzt schnell den Joker ziehen: »Die Istrier suchen diese Edelpilze übrigens mit Hunden, nicht mit Schweinen. Schweine können zwar noch besser riechen,
aber sie trampeln bei der Trüffelsuche alles kaputt. Und außerdem sind sie zu schwer.« Das Fragezeichen auf Michaelas Stirn blinkt alternierend grün und orange. »Na ja, die Bauern fahren oft mit
ihren Moppeds in die dichten Wälder und hast du schon mal ‘ne 200-Kilo-Sau hinten auf deine CRF geladen?“
Volltreffer. Doch wenn meine Frau sich veralbert fühlt, ist Schluss mit lustig. Kein Wort von der Gegenseite. Doch der Seitenblick auf die bereits gepackten Softbags und Gepäckrollen hat die
Schärfe einer Chilischote. »Meine Abendbeschäftigung!«. Asche aufs Haupt. Kleinlaut verzurre ich das Gepäck auf unseren Enduros, fülle schweigend das digitale Einreiseformular für Kroatien
aus, melde mich freiwillig zum Tischdienst. Plötzlich steht sie hinter mir, breitet eine Istrienkarte vor mir aus und umkreist mit dem Zeigefinger den Bergort Buzet im Norden der Halbinsel: »Da
will ich hin! Und abends essen wir die besten Trüffelpasta, die das Kaff zu bieten hat.« Der Finger beginnt nun hektisch über weitere neongelb markierte Punkte auf der Karte zu hüpfen. »Und dann
darfst DU mal den Trüffelhund spielen, quer durch Istrien. Und wehe, wir begegnen unterwegs auch nur einem einzigen Trüffelschwein …“ (...)
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