"Nowhere land" bis Astrachan

Reisetagebuch Russland   03. Sept. 2018 - Tag: 430 - Gesamt: 7542 km - Eintrag: Michaela & Udo

Von Wolgograd nach Astrachan (Russland)

Lost in a nowhere land...
Lost in a nowhere land...

Do swedanye, schönes "Park Inn" in Wolgograd. Noch einmal ein superleckeres Verwöhnfühstück, dann `raus auf die Bahn. Heute stehen über 400 Kilometer an und es werden sicherlich nicht die spannendsten dieser Reise werden. 

Wolgograd dehnt sich wie ein morgenmüder Hund, will nicht enden, bremst uns mit immer neuen Ampelstopps in Wohnsiedlungen runter, deren Nebenstraßen verwahrlost sind, die Straßen mit einer Asphaltdecke wie ein aufgeqollener Teigboden. Zum „krönenden Abschluss“ führt die Route am „Stadtausgang“ durch Wolgograds Industrielandschaften: Raffinerien und riesige Öltanks, Kraftwerke mit gewaltigen Schloten,  Elektrizitäts- und Umspannwerke. Wir machen die Tanks nochmals voll, wissen ja nicht, was kommt, wie die Versorgung auf den nächsten Kilometern sein wird. Michaelas Winztank mit 7,5 Litern Inhalt reicht für max. 250 Kilometer, also haben wir 3 Liter Reserve an Bord. Aus Spritmangel liegenbleiben - das wäre das letzte…

 

Dann beginnt Kasachstan. So blöd ist dieser Satz gar nicht, denn auf der gegenüberliegenden Seite der Wolga beginnt tatsächlich Kasachstan. Diesseits des Flusses touren wir durch Kalmykia, besser als Kalmückien bekannt. Und tatsächlich steht in dem ein oder anderen der erschütternd ärmlichen Straßendörfer an der M6 eine schüchterne Pagode, die bezeugt: Hier lebt der Buddishmus. Ansonsten wenig Arbeit für die Kameras. Im Dorf Solodniki südlich von Salenoe Zaymishche plötzlich eine stattliche orthodoxe Kirche, schneeweiß mit blauen Kuppeln, fast wie ein Anachronismus in dieser grauen Weite der Halbwüsten linker- und rechterhand der Fahrbahn. Kilometerweit gleiten wir mit bescheidenen 70 bis 80 Stundenkilometern durch ein Niemandsland - topfeben, ohne nennenswerten Bewuchs, ohne Tierherden, ohne Konturen, ohne Leben. E n d l o s e  S t e p p e. 

Träge Wolga auf dem Weg nach Astrahan
Träge Wolga auf dem Weg nach Astrahan

Vor Tsagan-Aman zeigt sich plötzlich die Wolga. Ein schmaler blassblauer Streifen begleitet für ein paar Kilometer unseren Weg und wir finden endlich mal einen Abzweig, der uns in Blick- und Fühlnähe zum Fluss bringt. Träge und antriebslos schiebt Mütterchen Russland ihr Wasser in einem Sandbett dahin, gestattet einen schmalen grünen Streifen, begrenzt wie ein Kanal, ohne dem Land daneben viel Feuchtigkeit, Flora und Wachstum zu geben. Das hatten wir uns völlig anders vorgestellt. Da geht so gar nichts über ins Umland, sondern beide leben nebeneinander her wie in zwei getrennten Welten: die blaugrüne Wolga mit ihren sandigen Inseln und die graue Steppe. Es ist fast wie Leben und Tod…

 

Am Spätnachmittag tauchen endlich die ersten Vorortsiedlungen Astrachans auf. Wir sind erleichtert und froh, dass alles nach Plan lief. Unser Timing, die Spritversorgung (erstaunlich verlässlich gut!), die Technik. Keine Ausfälle, keine Panne - und das ist fürwahr nicht selbstverständlich… Eine erste Stadtrunde mit den Bikes stellt unsere Emotionen auf den Kopf. Astrahan ist eine Stadt mit Atmosphäre, die Lust macht zum Bleiben: Parks, Kathedralen, ein beeindruckender Kreml, innen mit Grünflächen, Fontänenbrunnen und Blumenbeeten als wohlige Oase der Stadt angelegt. Wir logieren im 4-Sternehotel Novomoskovskaya direkt in der Altstadt. Digital Micha, ich möchte dich umarmen! Das haben wir uns aber wirklich verdient! So ein nobles Haus kostet nebenbei 69 Euro mit Frühstück…

Der Abend schenkt uns noch die Entdeckung des „Beer House“, einer Art „Bierakademie“ auf Russisch. Und eine gute Speisekarte haben die auch. Reiseherz, was willst du mehr? —

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Kommentare: 1
  • #1

    Roland Kater (Donnerstag, 06 September 2018 14:32)

    Euch beiden bei eurer wirklich außergewöhnlichen Tour weiterhin alles Gute!
    Und nicht vergessen: Der Gasgriff ist rechts!
    (Wollte ich immer schon mal sagen!!)

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