Viel Sitzfleisch bis Tallinn

Reisetagebuch Bernsteinstraße   17. Aug. 2018 - Tag: 332 km - Ges.: 3988 km - Eintrag: Michaela & Udo

Von Riga (Lettland) nach Tallinn (Estland)

 

Zugegeben - uns sitzt "a bisserl" die Zeit im Nacken. Die schönen Tage im Baltikum und vor allem jeden Extratag im Vergleich zur anfänglichen Planung und Routeneinteilung bezahlen wir mit Russlandtagen an der Wolga. Das Visum ist auf 30 Tage begrenzt - und mit der ersten Einreise nach Kaliningrad begann der Countdown. Gut, wir sind nicht auf einer Rallye, aber für heute haben wir beschlossen, einen Schwerpunkt zu setzen und deutlich Meter zu machen. Nach Tallinn (dtsch. Reval) wollen wir unbedingt, auch wenn es deutlich abseits der originalen Bernsteinroute liegt, die unterhalb der alten Hansestadt über Palkuse, Türi, Paide, Tamsalu und Rakvere (dtsch. Wesenberg) nach Narva an der litauisch-russischen Grenze führt. Edelsteine am Wegesrand muss man einsammeln...

 

Es ist schon bald elf Uhr, als wir uns endlich aus dem Verkehrsgeschammel Rigas lösen können und mit vollen Sprittanks den Weg hinaus nach Carnicava finden. Direkt nach Norden führt nur die vielbefahrene A1, was mit den zarten 250ern, die zudem noch mit reifenschonenden 80 km/h vorangetrieben werden müssen, immer wieder zu bedenklich Überholszenen seitens der Trucker und Busfahrer führt. Mal abwarten, bis die Gegenfahrbahn frei oder die Mittellinie nicht mehr durchgezogen ist -- das geht selbst im ansonsten sehr ruhigen Lettland nicht mehr. Druff und vorbei, auch wenn man dabei mit dem Ar... fast die Bikes von der Straße schiebt. Einen dieser Landstraßenkapitäne am Steuer eines französischen Busses schnappe ich mir eine halbe Stunde später an einer Raststätte, wo auch wir eine Pause einlegen wollen, und stelle ihn zur Rede, auf Französisch und deutlich. Bringt natürlich nichts, die Verbalinjurien werden immer deftiger und am Ende bietet er mir an, mit seinem Taschenmesser ein Loch in meinen Reifen zu stechen. Die Geschichte berichte ich in elegischer Breite seinen Fahrgästen, die gerade von ihrer Kaffeepause zurückkehren und die seine Fahrkünste ebenfalls kritisch verfolgt haben. Das wirkt offenbar mehr als die ganze Brüllerei...😅 

 

Saulkrasti ist schön, ein netter Kurort, gepflegt und lockt mit einem Abstecher ans Meer, wo der Wind die Wolkenbänke vor sich hertreibt und Erinnerungen an "Urlaub auf faul" wachruft. Weite Strände, kaum was los. Nächster Halt ist das kleine Hafenstädtchen Salacgrīva (dtsch. Saslismünde) mit einer orthodoxen Backsteinkirche und einem puppigen Leuchtturm in Lettlands Nationalfarben. Nichts ernsthaft Erzählenswertes, einfach mal Luft holen und dem wunden Po ein wenig Durchblutung verschaffen. Nach etwas über 100 Kilometern schlagen wir an der lettisch-estländischen Grenze an; kurz runter vom Gas, leere, verfallene Kontrollhäuschen - ein Checkpoint out of order! Europa...

Die noch verbleibenden 200 Kilometer fahren wir mit dem Messer zwischen den Zähnen. Landschaftlich gibt es zwischen Wiesen, Weiden mit hier und dort Fleckvieh, großen Feldern und dazwischengetupften Birkenwäldchen wenig Abwechslung. Also wohnen möchten wir hier oben nicht - wenn es hier mal tagelang regnet, steht man jeden Augenblick in der Dorfkneipe...

 

Das Seebad Pärnu (dtsch. Pernau) - einst Deutschordensstadt und Mitglied der Hanse - muss sich trotz schöner Strände und sehenswerter Altstadt mit einem flüchtigen Seitenblick begnügen. Dann zieht die A4 ins Landesinnere und die Reizdichte geht kilometerlang gegen Null. Klar, so sollte man nicht reisen, aber die heutigen 332 Landstraßenkilometer dulden leider kaum Exkursionen. Endlich tauchen die meterhohen Ortsbuchstaben von Tallinn rechts neben der Straße auf. Der übliche Kommerzschlonz beim Hineintauchen in die Stadt, dann singt der Lüfter schon an der dritten Ampel und ich gelobe einmal mehr, nicht gegen Navis zu lästern. Das TomTom lotst uns gut durch und direkt in den Fährhafen, wo das Tallink-Hotel ein "IBIS-Style" Zimmer für uns bereithält. Abendessen und zwei Gute-Nacht-Bierchen. Das war's für heute! Schon gut, dass wir ansonsten entschleunigt unterwegs sind... 😉

Strandleben in Saulkrasti
Strandleben in Saulkrasti
Fast leere Strände bei Saulkrasti
Fast leere Strände bei Saulkrasti

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