Ruhe und Entspannung am Morgen im "Grand Pasha". Wir bringen es fertig, bereits gegen 7 Uhr aufzustehen (die Türkei ist eine Stunde voraus), und genießen als einzige Morgengäste das schattige, kühle Ambiente des Pasha-Innenhofes, frühstücken reichlich mit Tomaten, Käse, Gurken, Ei, Butter, Marmelade und Honig, schreiben ein paar Blog-Artikel und sichern unsere Fotos. Erst gegen Mittag kommen wir los. Erzurum wird so wohl kaum noch zu schaffen sein, doch was soll’s… Die Planung am Schreibtisch daheim lässt sich eben nicht immer eins zu eins umsetzen. Die D100 lässt die Sakarat Dağı rechts liegen und führt durch das fruchtbare Flusstal des Kelkit Çayi. Ein gutes Stück Bilderbuch-Türkei. In den folgenden Stunden klettert die Route das ostanatolische Hochland hinauf und verläuft bis zum Camlıgöze Baraji in 1100-1200m Höhe. Das Bordthermometer zeigt nur noch angenehme 28 Grad und wir kommen bis in den späten Nachmittag gut voran.
Kurz vor Erzincan fordert der Sakaltutan Geçidi das Drehmoment der Motoren. Der gewaltige Bergpass bezwingt in 2160m Höhe das Otlukbelı-Gebirge, führt anschließend im Direktflug steile 1000 Höhenmeter wieder hinab und mündet in das malerische Flusstal des Erzincan Ovasi. Linkerhand die steilen Felswände der 3000er des Esence Dağları, rechterhand die 3500er des Munzur-Gebirges. Ein spektakulärer landschaftlicher Showdown im warmen Licht der Abendsonne. Kaum ist die Sonne hinter den Bergen verschwunden, fällt die Nacht über das Land und binnen einer halben Stunde sinken die Temperaturen auf unter 20 Grad. Wir touren inzwischen in 1500-1600m Höhe, es ist dunkel geworden und in den dünnen Sommerjacken fast unangenehm kühl.
Die Straße folgt dem Gebirgsfluss Karasu, klettert Meter um Meter und als nach den letzten 50 Kilometern „Zitterpartie“ endlich das Ortsschild von Tercan im Scheinwerferlicht auftaucht zeigt der Höhenmesser des Navis über 1900m. Nach Erzurum wären es jetzt nochmals gute 75 Kilometer in stockdunkler Nacht und so scannen wir den Ort nach einem Hinweis auf eine Pansyon oder ein Hotel. Vor zwei Jahren waren wir ebenfalls hier durchgekommen, hatten nach einer Gewalttour mit Start in Boğazkale nach guten 600km eigentlich die Nase voll und mussten nach erfolgloser Hotelsuche dann nochmals eine Stunde lang bis nach Erzurum frieren. Manche Fehler muss man offensichtlich zweimal machen… Oder doch nicht? An eine Säule der Tankstelle am Ortsausgang von Tercan hat jemand die Buchstaben „O T E L“ gemalt und tatsächlich klebt am Hintereingang des Hauses nochmals das erlösende Schild. Zugegeben, tagsüber hätten wir „Bruchbude“ gemurmelt und wären wir definitiv weitergefahren. Doch wie so oft ist das Leben anders als man denkt. Der Tankstellenpächter führt uns in den ersten Stock des Hauses und schließt die Tür zu einem sauberen kleinen Zimmer mit Klo und Dusche auf. In vier, fünf weiteren Zimmer logieren Trucker und unten, gleich neben dem „Otel“ duftet es nach Kebap, Tavuk (Hühnchen) und geröstetem Lammspieß. Michaela frohlockt: Allah ist gut zu uns, Allah sei gepriesen…
Nachtrag:
Und noch einer strahlt und ist mehr als zufrieden, weil er wieder kauen kann. Mir war vorgestern Abend natürlich pünktlich zu Reisebeginn die Zahnbrücke ´rausgeflogen. Doch der beste Zahnarzt der Welt hatte mitgedacht und uns Zement und Kleber mitgegeben. Nach einem Fehlversuch hatte Michel die Sache im Griff und das Ding saß wieder bombenfest. Und es scheint auch zu halten. Na also, geht doch! Michel könnte glatt einen Nebenjob als türkische Zahnarzthelferin annehmen.. ;-)
Kommentar schreiben
stefanausstödtlen (Dienstag, 06 August 2013 12:51)
Hallo ihr zwei! Schöne Bilder und ein Blog zum Miterleben. Danke dafür-die Ostalb glüht bei 34,5 Grad Celcius...