Unterwegs im Land des Feuers

Balakän – Seki: 170 km

Aserbaidschan empfängt uns bereits am Morgen mit brütender Hitze. Das Land kennt neun verschiedene Klimazonen und Balakän scheint zu einer der heißeren zu gehören. Schon wenige Sekunden nach dem Einstieg in unsere Motorradklamotten sind wir in Öl und ahnen, was auf uns zukommt. Wir benötigen dringend Bargeld, aber es ist Sonntag und so suche ich in Balakän einen Geldautomaten, an dem wir uns mit der Landeswährung Manat eindecken können. Nicht alle Automaten funktionieren, doch bei der Azerbaidschan Bank habe ich Erfolg. Ein Manat entspricht derzeit etwa $ 1,28 oder € 0,88 – womit der Zimmerpreis von 40 Manat erfreulich günstig ausfällt. Mharram serviert uns noch ein kleines Frühstück, dann rollen wir Richtung Zaqatala aus der Stadt.

Die Route führt am Fuß der bis zu 2000m aufsteigenden Basqafqaz Silsiläsi-Berge entlang. Dahinter zeichnet sich die Kammlinie der satten 3000er an der Grenze zu Dagestan ab. Eine herrliche Fahrt! Wir rauschen durch lichte Linden-, Plantanen und Mimosenalleen, kreuzen immer wieder breite ausgetrocknete Flussbetten, begegnen riesigen Kuh-, Schaf- und Ziegenherden und sehen Wasserbüffel, die sich in großen Schlammlöchern aalen. Zaqatala überrascht mit gepflegten, modernen Gebäuden, etlichen Hotels, blumengeschmückten Straßen und uralten schattenspendenen Bäumen. Kaum bleiben wir stehen, werden wir angesprochen, radebrechen in Englisch und mit Händen und Füßen, um den Menschen zu sagen, wo wir herkommen und wohin unsere Reise geht. Immer wieder sind die Motorräder und die Karte im Tankrucksack der Aufhängungspunkt für kurze Pausenkontakte und Kommunikation, für ein Händeschütteln und ein "Goodbye" mit Winken. Die Menschen sind offen, überaus freundlich und sehr, sehr neugierig und wissbegierig.

Wir bleiben der Hauptstraße in der Tiefebene noch eine Zeitlang fern und wählen eine auf der Karte weiß eingezeichnete Nebenstrecke nach Qax. Keine gute Entscheidung. Die Straße ist völlig kaputt, die Bikes rumpeln von Schlagloch zu Schlagloch, entgegenkommende Fahrzeuge stauben uns gründlich ein und dann kommen auch noch einige nur lose geschobene Kilometer Bauschotter. Michaela hat inzwischen eine gewisse Routine und baggert sich tapfer durch, doch als wir Qax endlich erreichen, ist ihr die Anstrengung deutlich ins Gesicht geschrieben.

Die Stadt hat einen gepflegten Charme: einen lebendigen Kern mit vielen kleinen Läden und Ständen, parkähnliche Grünanlagen, von Pflanzen und Blumen gesäumte Straßen und bunt gestrichene Häuser, die vielfach von sauber gesetzten, ebenfalls farbenfroh angemalten Mauern eingefasst sind. Das junge Aserbaidschan wirkt wie ein Land im Aufbruch, ein Land, das die Loslösung von der ehemaligen Sowjetunion offensichtlich wesentlich besser verkraftet hat als das Nachbarland Georgien und das wohl auch wirtschaftlich aufgrund des vorhandenen Rohstoffes Erdöl (Baku) erheblich schneller wieder auf die Beine gekommen ist.

Am späten Nachmittag erreichen wir die 2000 Jahre alte Stadt Seki. Einst lebte hier ein mächtiger Khan (Fürst) und als Zentrum seiner Khanats (Reichs) baute er hoch über der Stadt zwei Festungen mit gewaltigen Wehrmauern zur Verteidigung gegen die Perser. An ehemaligen Karawansereien vorbei finden wir nach einigen Stadtrunden den Weg hinauf zu Khans Palast und genießen in einem Teegarten erstmal ausgiebig die Ruhe im Schatten schöner Bäume. Dann stolpern die Endurostiefel über steiles Kopfsteinpflaster in die Festungsanlage. Himmel, was kann der Mensch schwitzen! Gerade noch rechtzeitig vor dem Schließen des Palasttores lassen uns die Wächter ein und mit Hilfe einer Führerin tauchen wir ab in eine orientalische Welt wie aus "1000 und eine Nacht".
Jeder Raum des Palastes ist mit bunten Wand- und Deckenmalereien ausgeschmückt, mit Pflanzen-, Blumen- und Tiermotiven und mit detailgenauen Geschichten, die von Schlachten mit den Persern erzählen. Die Treppenhäuser und einige Räume in den beiden Stockwerken sind zum Park hin mit verspielten Buntglasfenstern ausgestattet, so dass sich im Licht der untergehenden Sonne eine ganz besonders warme Stimmung ausbreitet. Der einzige Wermutstropfen dieses Abends: Es dürfen vom Inneren des Palastes keine Fotos gemacht werden und so müssen wir uns mit einer Serie von Postkartenmotiven im Souvenirshop nebenan begnügen.

 

Es dämmert bereits (3 Stunden Zeitdifferenz zu Deutschland!), als wir die alte Handelsstadt an der Seidenstraße wieder verlassen und uns auf Hotelsuche begeben. Diesmal ist die Auswahl gering und so muss es ein Motel der AzPetrol-Kette tun, denn die Mägen knurren merklich, und wir wollen endlich raus aus den völlig durchgeschwitzten Endurojacken.

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