Ausreise verweigert - alles umsonst?

Cildir Gölü – Türkgözü (Grenzübergang nach Georgien): 170 km


Aus und vorbei! Die Zollbeamten an dem kleinen Grenzübergang Türkgözü zucken gleichgültig mit den Achseln. Ohne den im Reisepass eingetragenen Camper samt Trailer ist keine Ausreise nach Georgien möglich. Wir diskutieren, erklären, holen die Karte, verweisen darauf, dass ja schließlich die Motorräder ebenfalls in dem Dokument eingetragen seien – nein, nein, geht nicht!!

Es ist der gleiche Mist wie in Ipsala bei der Einreise. Mein Türkisch reicht hinten und vorn nicht, um komplizierte Sachverhalte zu erläutern, Zeichnungen helfen nur bedingt und selbst ein Zettel mit vorbereiteten türkischen Erläuterungen kann gegen die Zollvorschriften und das allahverdammte allmächtige Computerprogramm nichts ausrichten. Wir drängen auf ein Gespräch mit einem Vorgesetzten, der Englisch spricht. Über das Handy des Zollbeamten teilt uns dieser kategorisch mit, dass unsere Motorräder nur "Cargo", also Fracht, seien und dass eine Ausreise nur mit unserem gesamten Fuhrpark erfolgen könne. Wir sollen halt zurückfahren (>1200 km!) und den Camper+Trailer holen ...

Stellen Sie sich einmal vor, Ihr Freund aus dem Norden Norwegens möchte in Italien bei einer Motorradtour ein wenig Sonne für den langen Lapplandwinter tanken. Er packt für den langen Weg zu Ihnen sein Bike auf einen Hänger und reist in seinem Wohnmobil an. Beides lässt er bei Ihnen stehen und beginnt seine Motorradreise mit einer Tour durch die Alpen. Doch an der deutschen Grenze wird er angehalten und, und, und — beim großen Allah, die Türkei will doch in die EU!!! Da scheint der gedankliche Weg aber noch sehr weit zu sein… Noch ein Tipp an die türkische Administration: Menschen, deren Beruf es ist, den lieben langen Tag mit Touristen aller Herren Länder zu tun zu haben, sollten vielleicht die Fremdsprache Englisch als Teil ihrer Ausbildung erlernen.

Aber das hilft uns jetzt auch nicht weiter. Was sollen wir tun? Die Zöllner erschießen – das hätte jetzt eine gewisse Ventilfunktion! Oder sämtlichen Behörden dieser Welt verbieten, mit einem Computer zu arbeiten. George Orwell lässt grüßen… Wir stehen mit unseren Motorrädern im Niemandsland zwischen der Türkei und Georgien, es ist neun Uhr abends und die Jungs am Schlagbaum fangen an zu drängeln, weil sie den Grenzübergang schließen wollen. Die Falle ist zugeschnappt – unser tolles Projekt ist in Gefahr, weil irgendwelche Nasenbohrer in Ipsala nicht begreifen , sondern lediglich ein Formblatt auf dem Bildschirm ausfüllen wollten. Peggy und XT – ihr seid Cargo, ihr könnt gar nicht alleine fahren ...

Zwanzig Kilometer die löchrige Grenzstraße retour, ein schäbiges Zimmer in der Truckerabsteige "Hotel Class" in Posof, immerhin noch eine Portion "tavuk" (Huhn) und zwei dringend benötigte Flaschen "Efes" (gutes türkisches Bier) und Frust, Frust, Frust… Da will es so recht passen, dass am Abend im TV der Film "Titanic" mit einem türkisch parlierenden Leo di Caprio läuft. Wir sind soeben gegen einen türkischen Eisberg gekracht und unsere Bikes haben sich die Vorderhand verbogen. Kreische nur, liebe Kate Winslet, lass es raus — uns hört nur der Mond in einer finsteren anatolischen Nacht.

Dabei hatte der Tag so gut angefangen. Der Morgen am See, der laue Wind, die lustigen Gänse, die ihre neuen Nachbarn laut schnatternd begrüßten. Unterwegs direkt am Seeufer eine kleine Lokanta, in der es mittags Fisch, Tomaten, Gurken und ein paar nette Gespräche mit dem Wirt Deniz Atalayu gab. Die beschauliche Ruhe in den Dörfern am Seeufer, die Arbeit der Bauern auf den Feldern, die noch mit Sichel und Radkarren das Heu einbringen. Auf dem Weg zum Grenzübergang Türkgözü kreuzten wir bei Ölcek erstmals den Lauf der Kura, eingebettet in eine wunderschöne Berglandschaft. Und dann diese dramatische Auffahrt zum 2540m hohen Ilgardagi Gecidi-Pass, wo die Nebelschwaden uns schluckten und der Straßenverlauf nur noch erahnbar war. Ein Motorradtag wie aus dem Bilderbuch.

Wir sind traurig, liegen noch lange wach und wägen ab: Alles hinwerfen, wofür wir ein Jahr gearbeitet haben? Von unseren Träumen einmal ganz abgesehen. Oder tatsächlich am Schwarzen Meer entlang zurückdonnern und den Pössl holen (> 2200 km !!)? Was verlieren wir? Ein paar Tage bestenfalls und unser Projekt bekommt einen neuen thematischen Schwerpunkt. Und was, wenn die Georgier die gleichen schrägen Vorstellungen haben und uns dann nicht nach Aserbeidschan lassen??? Wir werden morgen entscheiden. Gute Nacht! 🌗😴


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